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Werbung in den Kindernachrichten?

Das seltsame Nachrichtenverständnis bei den Kindernews von Antenne Niedersachsen

Gibt sich kindlich. Klingt aber nicht so. Wir wundern uns.

Eine Folge der „Kira-Kindernachrichten“ von Antenne Niedersachsen klingt wie Schleichwerbung für einen Versandhändler. Auch andere Nachrichtenstücke klingen eher wie Kommentare, nicht wie Nachrichtenstücke. Der Sender hört kein Problem.

Moment mal, Nachrichten – waren das nicht diese Infos über aktuelle Entwicklungen in der Welt? Ausgewogen und so…?

Antenne Niedersachsen definiert das für seine Kindernachrichten „Kira“ offensichtlich anders. Ihre „Nachrichten“-Folge zum Versandhändler „Amazon“ klingt wie der Werbespot auf der Unternehmensseite. Für fair radio deshalb klare Schleichwerbung. Der Sender selbst findet, das geht als Kindernachrichtenbeitrag völlig in Ordnung.

Nur Gutes über Amazon

Ende Juni lief das Stück über „Amazon“ bei Antenne Niedersachsen. Bis jetzt steht es zum Nachhören online auf der Internetseite: Ohne aktuellen Anlass und völlig unkritisch wird hier über das Unternehmen „berichtet“. Innerhalb einer Minute nennt die 12-jährige Sprecherin der „News“ das Unternehmen ganze sieben Mal.

Nach dem Motto: Online-Versandhandel? Es kann nur einen geben:

„Was Oma und Opa noch als Quelle- oder Otto-Katalog kennen, ist heute Amazon.“

Es folgt Lobpreis für den Erfolg und die Einzigartigkeit des US-Händler: „wertvollstes Unternehmen“; „Marktführer“. Dann zählt die 12-Jährige noch breit die Produktpalette auf: Was man nicht alles dort kaufen kann! Das Ganze endet mit einem müden Witz.

Von schlechten Arbeitsbedingungen, Kritik an der Marktmacht des Unternehmens, dem Druck, den Amazon auf andere Händler ausübt: Kein Wort in den Kindernachrichten.

Für fair radio eindeutig: Schleichwerbung

Es fehlt auch jeder (akustische) Hinweis, dass es sich hierbei um Werbung oder Sponsoring handelt. Das Stück verstößt damit gegen die Werberichtlinien in §7 (3; 7) des Rundfunkstaatsvertrags, findet fair radio.

Das ist in diesem Fall besonders bedenklich. Denn das Angebot mit dem Titel „Kira – die Kindernachrichten von Antenne Niedersachsen“ richtet sich nach unserem Verständnis explizit an Kinder. Damit verstößt der Beitrag auch gegen § 8 (6) des Rundfunkstaatsvertrags sowie gegen den Jugendschutz § 6 verstößt.

Wir haben deshalb bei der niedersächsischen Medienanstalt NLM Programmbeschwerde eingereicht – und gefragt, wie sie das sehen. Eine Antwort haben wir noch nicht.

„Eine Menge Ironie“

Antenne Niedersachsens Programmdirektor Carsten Hoyer kann jedoch nichts Verwerfliches heraus hören. Er selbst habe das Stück abgenommen, versichert er fair radio am Telefon. Ursprünglich seien da auch kritische Aspekte im Nachrichtenstück drin gewesen. Aber die seien dann „dem Schnitt zum Opfer gefallen, weil es sonst zu lang war.“ Eine Schlagseite ins Werbliche kann der Programmdirektor bis heute nicht erkennen. Der Sender habe dafür „selbstverständlich kein Geld bekommen“.

Auch die Aufzählung der Produktpalette in dem Stück findet er unproblematisch: In der Aufzählung werde deutlich, dass sie [die Sprecherin] Abstand habe, sagt Hoyer. Gerade am Schluss des Stücks würde das doch klar. „Ich höre da eine Menge Ironie heraus.“

Ironie im Radio? Immer schwierig. Vor allem, wenn sie nicht erkennbar ist. In einem Nachrichtenformat schon gleich doppelt. Und vor allem in einer News-Reihe für Kinder, in der auch sonst stark kommentierende Stücke laufen, findet fair radio.

In Boulevard-Manier wird dort gemutmaßt, ob „uns die Autobosse alle betrügen“ und über die Fragwürdigkeit von Fahrverboten gelästert.

Kindernachrichten – keine Nachrichten für Kinder?

Was das noch mit Kindernachrichten zu tun hat? Fällt auch Antenne Niedersachsens Programmdirektor Hoyer schwer, zu erklären. „Wer sagt denn, das ist für Kinder gedacht?“

Kira zeige eben die Weltsicht einer 12-Jährigen. (Hauptsächlich getextet von zwei erwachsenen Redakteuren.) Und das seien doch keine regulären Nachrichten. „Bei der ‚Heute Show‘ läuft ja auch ein Nachrichtenjingle vorab.“ Und niemand erwarte Nachrichten.

Deshalb sonnenklar: Das Format sei eben so gedacht – mit Meinung und Position. Also für Erwachsene? Logo!

Achnee. Das war ne andere Sendung…

Dieser Text erschien zuerst bei uebermedien.de!

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