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„Live“ ist tot? Es lebe der Fake?

Was lehrt uns die Diskussion um „Gottschalk live“? Hoffentlich das richtige.

Ich bin begeistert. Offenbar gibt es doch mehr Zuschauer/Hörer/User, die sich nicht hinters Licht führen lassen wollen. Die Tatsache, dass die Sendung aufgezeichnet war, und nur vorgab, live zu sein, haben Zuschauer aufgedeckt! Und in einer Online-Umfrage bei BILD gibt gut die Hälfte der Befragten an, dass sie es ziemlich „blöd“ findet, eine aufzeichnete Sendung „live“ zu nennen. Gut so.

Doch die Argumente, mit denen der Sender an dem „Live“-Zusatz im Namen festhalten will, sind uns bei fair radio nicht neu. Viele davon werden uns auch von Radiomachern dauernd vorgehalten:

1. Aufgezeichnetes sei nötig „aus Gründen der Sendesicherheit„.
2. Die Aufzeichnung soll den Moderator entlasten. Damit sollen ihm „Stress und Druck genommen werden„.
3. Anders als in Livesendungen müsse er dann nicht mehr sekundengenau die Werbung und die Wettermeldungen ansagen.

Schon klar. Aber ist es nicht Teil unserer Profession als Medienschaffende, eben auch live sicher, zuverlässig und zeitgenau zu senden? Das ist unser Job! Oder etwa nicht? Und wenn wir das nicht können, dann müssen wir es eben lernen oder es lassen. Jedenfalls dürfen wir es nicht live nennen, wenn es das nicht ist. So einfach ist das. Nein?

Dann mal anders gefragt: Was würden wir einem Bäcker antworten, der sagt: „Hm. Hefeteig. Das kann ich so schlecht. Ich hab jetzt mal Mürbteig gemacht. Das Ergebnis nenn ich trotzdem Hefezopf. Den Unterschied schmecken die meisten eh nicht.“ Antwort: Wir würden berichten über den „Etikettenschwindler“. Und foodwatch würde den „Mogelzopf“ vermutlich als Verarschung des Verbrauchers anpreisen. Zu Recht. Aber für uns Medienschaffende gelten ja offenbar andere Regeln.

Bei Gottschalk heißt es, es wäre zu teuer, den Namen, das Logo, das Design zu ändern. Außerdem sei „Gottschalk Live“ ja ein „gelernter“ Name. Ja klar. So wie alle Welt weiß, was Käse eigentlich ist und sich gerade deshalb verarscht fühlt, wenn man ihr Analogkäse als echten verkauft. Darüber haben wir doch auch berichtet. Empört berichtet. Denn ja: Da wurde das Vertrauen der Verbraucher missbraucht. Aber das Vertrauen der Zuschauer/Hörer/User? Das ist uns egal. Erstaunlicherweise. Dabei hieß es früher mal, davon würden Medien leben.

Aber na ja: „Live heißt ja auch Leben„, lehrt uns die Gottschalk-Sprecherin ohne Rücksicht auf die englische Rechtschreibung. Also: „Live“ ist tot? Es lebe der Fake? Ich hoffe nicht.

 

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