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Die Landesmedienanstalt NRW und der vergessene Hörer

FAIR RADIO regt Nachbesserungen in der Broschüre zum Mediennutzerschutz an.

 

Was haben wir uns gefreut! Erstmals liegt mit der Broschüre „Mediennutzerschutz“ der Landesanstalt für Medien in Nordrhein-Westfalen (LfM) ein Leitfaden für kritische Leser, Zuschauer und Hörer vor, die sich beschweren wollen. Den Autoren und der Anstalt gebührt ein dickes Dankeschön dafür. Aber bei aller Begeisterung über die Broschüre:

Der Hörfunk kommt eindeutig zu kurz.

Er wird im Großen und Ganzen nur zweimal explizit erwähnt: Im (Unter-)Titel und als anzukreuzendes Kästchen im Muster-Beschwerdebogen auf Seite 79. Unter den Beispielen, konkreten Vergehen und anzuprangernden Praktiken findet sich dagegen kein einziges Beispiel aus dem Hörfunk! Das entspricht weder dem Gewicht, das der Hörfunk als Medium nach wie vor hat, noch den möglichen Verstößen, die im Radio zu beobachten wären und sind.

In einer Mail an die LfM hat FAIR RADIO deshalb Nachbesserung zu folgenden Kapiteln angeregt:

1. Call-In-Shows

Längst sind auch Radiosender für ihre kostenpflichtigen und nicht selten fragwürdig inszenierten Gewinnspiele bekannt. Dabei lassen sich viele Radiospiele nach unserem Dafürhalten durchaus gleichsetzen mit den kritikwürdigen Fällen aus dem Fernsehen, die in der Broschüre vorgestellt sind.

Beispiel: Geräuschrätsel im Hörfunk

Auch da haben die Hörer haben oft keine Chance, die Lösung eindeutig zu erkennen. Stattdessen bleibt der Eindruck, dass so lange gespielt wird wie es den Sendern lohnend erscheint, die Hörer kassenfüllend bei der Stange zu halten. Unseres Wissens jedenfalls wurde überraschenderweise noch kein Geräusch am ersten Tag, geschweige denn in der ersten Woche erraten.

2. Wahrung der Menschenwürde

Bewegen sich nicht längst auch Hörfunkprogramme regelmäßig am Rande des gesetzlich Zulässigen?

Beispiel: Treuetests im Radio

Dabei werden regelmäßig ahnungslose Partner des Seitensprungs bezichtigt – live auf Sendung und ohne die Angerufenen über ihre Rechte am eigenen Wort aufzuklären. Zugegeben: viele der Anrufe klingen nach inszenierter Comedy. Doch die Unterscheidung scheint unerheblich: Denn sind sie echt, haben die Moderatoren in unverantwortlicher Weise das Privatleben der Anrufer und Ihrer Partner bloß gestellt. Sind sie inszeniertes Spiel, haben die Macher auf perfide Weise die Hörer hinters Licht geführt.

3. Werbung und Sponsoring

Die Broschüre weist nur darauf hin, dass Werbung im Fernsehen durch ein ptisches Signal angekündigt werden muss. Dass eine entsprechende Pflicht zur hörbaren Trennung auch im Radio gilt, bleibt unwerwähnt. Und das, wo im Hörfunk oft auf unverantwortliche Weise PR-Beiträge als redaktionelle Berichterstattung ausgegeben werden.

Kurzum: Das Sündenregister im Hörfunk ist lang. Um die Hörer dafür zu sensibilisieren, täten konkrete Beispiele Not.

In einer nächsten Auflage der „Mediennutzerbroschüre“ sollte der Hörfunk deshalb dringend stärker berücksichtigt werden.

Links zum Thema:

Reaktion auf unsere Nachbesserungswünsche

Kommentar von Holger Girbig (LfM NRW)

Am 16. Juli hat uns folgende Antwort der LfM MRW erreicht:

Herzlichen Dank für Ihre e-mail zu unserer Broschüre „Mediennutzerschutz“. Natürlich freuen wir uns über Ihre im Grunde positive Resonanz und sind mit Ihnen der Meinung, dass es wichtig ist, Mediennutzer über Ihre Rechte bei der Mediennutzung aufzuklären.

Dabei war es keinesfalls unsere Absicht, das Radio als Medium auszublenden – explizit mag der Hörfunk nur punktuell erwähnt sein, generell bezieht sich die Broschüre aber ausdrücklich auf den Rundfunk insgesamt, was eben die Medien Fernsehen und Hörfunk gleichermaßen einschließt. Zu den von Ihnen angesprochenen Beispielen möchte ich nur kurz erwähnen, dass uns das Phänomen der Call-In-Sendungen im Hörfunk natürlich bewusst ist, wenngleich die verwendeten Beispiele sich in der Tat auf das (nach wie vor im Mittelpunkt der öffentlichen Wahrnehmung und Debatten stehende) Fernsehen beziehen. Derzeit arbeiten die Landesmedienanstalten jedoch an einer Satzung, die weiter gehende Regelungen zu diesen Zusammenhängen auf der Grundlage neuer gesetzlicher Möglichkeiten ab dem Herbst diesen Jahres beinhalten wird. Gerade hier werden die Gewinnspiele im Hörfunk ausdrücklich mit einbezogen und entsprechend berücksichtigt werden.

Der Aspekt der Menschenwürde – das von Ihnen angeführte Beispiel ist ebenfalls bekannt – ist sicherlich auch im Radio existent. Wie sie an dem relativ abstrakt gehaltenen Beispiel in der Broschüre erkannt haben werden, ist aber dieser Bereich der vermutlich komplexeste, den das Medienrecht abdecken kann. Von daher wären hier sicher generell sehr viel detailliertere Ausführungen angezeigt – aber dies kann eben im Rahmen einer Broschüre kaum geleistet werden.

Noch einmal aber herzlichen Dank für Ihre Rückkopplung, über die wir uns sehr gefreut haben.

Mit freundlichen Grüßen

Holger Girbig


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