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Preisverdächtige Fakes?

Fragwürdige Nominierungen beim Deutschen Radiopreis
„Beste Moderation“ geht anders, finden wir.

Klick: Zu den irreführenden Nominierungstexten.

Auf dünnem Eis: Der Deutsche Radiopreis stellt sich mit fragwürdigen Nominierungen selbst in Frage.

Glanz soll er dem Radio verleihen. Glanz, den sonst eher das Fernsehen abbekommt. Dieser Urkomplex der Radiomacher, der so alt ist wie der Durchbruch des Fernsehens als Massenmedium, liegt dem „Deutschen Radiopreis“ zu Grunde. Ein bisschen Gala, ein paar „Music Acts“, wichtige Laudatoren und – wie ironisch – eine Übertragung im Fernsehen.

Trotz aller Grundsatzkritik:

Nicht nur die Preisträger, schon die Nominierten sind geadelt. Die Nominierungen sollten daher gut überdacht sein, von einer Jury, die mit Medienwissenschaftlern, Radioberatern und Journalisten besetzt ist.

In zwei Fällen wundern wir uns dann aber doch darüber, wer da plötzlich auf der Liste steht. In diesem Fall als „Bester Moderator“.

Wolfgang Leikermoser. Was? Der Wolfgang Leikermoser? Nominiert in der Kategorie „Bester Moderator“, für seine „ansteckende und authentische Portion gute Laune“, genau wie für seine „verrückten Ideen“. Nun könnte man Leikermoser aus diversen Gründen für einen Preis nominieren. Als einer der quotenmäßig erfolgreichsten seiner Zunft zum Beispiel, oder als einer der langjährigsten Moderatoren ohne Arbeitgeberwechsel. Oder als bester Schauspieler schlecht inszenierter Programmaktionen. Das soll ein Vorbild sein?

Wolfgang Leikermoser ist nicht nur der Jury, sondern auch uns besonders häufig aufgefallen. Allerdings anders: Als Hauptakteur fragwürdiger Aktionen, irgendwo zwischen Bauerntheater und Betrug. Zum Beispiel als Leikermoser 2011 bei einer Major Promotion einem Gewinner die Bezahlung seines Sex-Urlaubs in Thailand angeblich eigenmächtig und spontan ablehnt. Mit anschließendem Anwalt on air und einer Stellungnahme Leikermosers. Nicht mal die eigenen Hörer glauben es und wettern bei Facebook gegen den Sender.

Kurz vor Weihnachten 2012 dann das nächste merkwürdige Gewinnspiel. Diesmal verrät eine Moderatorin in Leikermosers Sendung „aus Versehen“ die Lösung und damit den Hauptgewinn. Als wir darüber recherchieren, bekommen wir Kontakt zu mehreren Teilnehmern, die von am Tag vorher aufgezeichneten Payoffs sprechen. Ihnen hätten also Informationen gefehlt, die den Hörern zum Sendedatum einen Tag später längst bekannt waren. Antenne Bayern behauptet weiterhin, in Leikermosers Show ginge alles mit rechten Dingen zu. Payoffs würden nur wenige Minuten vorher aufgezeichnet und sofort gesendet.

Und dann steht da noch einer auf der Nominiertenliste: Kristian Thees. Und hier wird es skurril, denn wir müssen davon ausgehen, dass SWR-Kollege Thees nicht nur seine Hörer, sondern sogar die von Radioprofis besetzte Jury erfolgreich getäuscht hat. Die Rede ist von seiner „Fähigkeit, Italienisch und Englisch synchron für die Hörer zu übersetzen, die er Showmeisterlich (sic!) einsetzt.“ Nun, ganz so viel Meisterliches ist nicht dabei, dafür um so mehr Show: Kristian Thees kann vor allem gut schneiden, aufgezeichnete Interviews. Und hat dann viel Zeit, eine perfekte „Synchron“-Übersetzung vorzubereiten. Es klingt am Ende tatsächlich gut gemacht, aber eben auch ein bisschen zu gut gemacht.

Authentisch ist beides nicht. Es ist fragwürdig. Und es wirft einen traurigen Schatten auf die Radiobranche, wenn Inszenierungen als besonders gelungen mit einem bundesweiten Radiopreis gewürdigt werden. Von Authentizität und Aufrichtigkeit ist das meilenweit entfernt.

Die Jury hat sich mit diesen Nominierungen keinen Gefallen getan. Natürlich haben wir beim DRP nachgefragt, warum es ausgerechnet Radioschauspieler Leikermoser sein musste und ob die Jury tatsächlich nicht gemerkt hat, dass Kristian Thees nicht synchron, sondern aufgezeichnet so brillant übersetzt.

Die Antwort des Jury-Vorsitzenden Torsten Zarges fällt eindeutig aus: Er spricht von „zulässigem kreativem Gestaltungsspielraum der Radiomacher“ und verteidigt die Entscheidung als durchdacht. Im Fall der Pseudo-Live-Interviews von Thees schreibt Zarges: „Solange keine explizite Täuschung des Hörers vorliegt, die wir selbstverständlich ablehnen, beurteilen wir in erster Linie das hörbare Ergebnis.“ Im Falle Leikermosers heißt es: Gescriptete Aktionen könnten „durchaus sinnvoll sein.“ Und manipulierte Gewinnspiele dürfe man nicht dem Moderator anlasten. Die geschilderten Fälle lägen außerdem außerhalb des Bewertungszeitraums.

Wir halten das in beiden Fällen für ein falsche Gewichtung. Denn diese Nominierungen senden ein völlig falsches Signal an die Macher eines Mediums, das im Wettbewerb nur eine Chance hat: Ehrlich zu bleiben.

 

Unsere Anfrage vom 29.8.14:

Sehr geehrter Herr Zarges,
sehr geehrte Jury,
sehr geehrte Damen und Herren,

 
mit großem Erstaunen lesen wir, dass Wolfgang Leikermoser und Kristian Thees für den Deutschen Radiopreis 2014 „Bester Moderator“ nominiert sind.
 
In Ihren Nominierungsbeschreibungen loben Sie die beiden als „unverwechselbar“ und „einzigartig“.
 
Sie verschweigen jedoch, dass beide Moderatoren mit zum Teil fragwürdigen Präsentationsmethoden arbeiten.
 
Wir von fair radio sehen in der Arbeit beider Moderatoren Verstöße, die alles andere als preiswürdig sind.
 
Dazu einige erklärende Sätze und Fragen.
 
Zu Kristian Thees:
 
Im Nominierungstext loben Sie „seine Fähigkeit, Italienisch und Englisch synchron für die Hörer zu übersetzen, die er Showmeisterlich einsetzt“.
 
Dieses Lob geht aber von falschen Tatsachen aus. Denn Kristian Thees empfängt die Mehrzahl seiner Gäste nicht live. Die Interviews sind vielmehr meist aufgezeichnet.
 
Die scheinbaren Live-Gespräche werden dann komplett im Studio nachgespielt. Will heißen: Kristian Thees stellt seine Fragen in die Lücken vorproduzierter Einspieler. Die Übersetzung ist nicht im eigentlichen Sinn synchron, sondern vorbereitet.
 
Aber Sie haben Recht: Thees erweckt in seinen Sendungen konsequent den Eindruck, er sei jeweils live mit den Gästen im Gespräch. Die Hörer (und wie es scheint, auch Sie?) werden gezielt über die Art des Gesprächs getäuscht.
 
Wir halten diese Praxis also nicht für preiswürdig und Ihre Nominierungsbegründung für Kristian Thees für irreführend.
 
Zu Wolfgang Leikermoser:
 
In Ihrem Nominierungstext loben Sie ihn für seine „verrückten Ideen [..] und authentische[] Portion gute Laune.“
 
Dieses Lob lässt außer Acht, dass Leikermoser in den vergangenen Jahren vor allem mit gescripteten, vollinszenierten und zum Teil erfundenen Geschichten für Furore gesorgt hat. In mehreren Fällen wurden Hörer dafür hinters Licht geführt und über die wahren Zusammenhänge getäuscht. Einiges deutet darauf hin, dass sogar Gewinnspiele manipuliert wurden.
 
Nicht nur wir haben darüber schon mehrfach berichtet:
http://www.fair-radio.net/?s=leikermoser
 
Fest steht: Kein anderer Radiomoderator in Deutschland taucht so häufig als Protagonist derart fragwürdiger Hörfunk-Inszenierungen auf wie Wolfgang Leikermoser.
 
Wolfgang Leikermoser als „besten Moderator“ zu nominieren, halten wir deshalb für eine Fehlentscheidung und das falsche Signal.
 
Wir fordern Sie also auf, Ihre Nominierungen zu überdenken.
Wir halten es für dringend geboten, dass Sie Ihre Nominierungstexte fachlich-sachlich richtig formulieren.
Im Fall von Wolfgang Leikermoser raten wir zudem dringend von einer Auszeichnung ab und wünschen uns stattdessen ein klares Bekenntnis des Deutschen Radiopreises zum aufrichtigen und fairen Radiohandwerk.
 
Darüber hinaus haben wir zu beiden Nominierungen Fragen:
 
Waren/sind Ihnen die geschilderten Praktiken der beiden Moderatoren bekannt?
Wenn ja: Warum haben Sie die Moderatoren dennoch nominiert?
Halten Sie diese Praktiken für vertretbar?
Welche Rolle spielen generell Glaubwürdigkeit und ethisch verantwortungsvolles Radiohandwerk bei Ihren Nominierungen und Preisverleihungen?
Welche Arbeitsweisen würden eine Preisverleihung ausschließen?
Werden Sie die Nominierung nach unseren Hinweisen überdenken?
 
Wir planen einen Artikel über die geschilderten Zusammenhänge in unserem Blog unter www.fair-radio.net Ende nächster Woche.
 
Wir würden Sie bitten, uns Ihre Antworten bis 1. September 20 Uhr zukommen zu lassen.
 
Mit freundlichen Grüßen
 
Michael Diers
Fair Radio



Die Antwort des DRP-Juryvorsitzenden Torsten Zarges vom 1.9.:

Sehr geehrter Herr Diers,
 
haben Sie besten Dank für Ihre Mail, die mir heute weitergeleitet wurde, und für die aufmerksame Begleitung unserer Juryarbeit! Ihr Engagement für ein aufrichtiges, faires Radiohandwerk halten wir als Jury für lobenswert. Auch für uns spielen bei den Entscheidungen über Nominierungen und Preisträger des Deutschen Radiopreises grundlegende Kriterien wie Glaubwürdigkeit und Verantwortungsbewusstsein eine wesentliche Rolle. Dass wir unsere Arbeit sehr ernst nehmen und uns unserer Verantwortung bewusst sind, können Sie u.a. daran ablesen, dass sich jedes der elf Jurymitglieder bereits vor der gemeinsamen Jurysitzung über einen Zeitraum von mehreren Wochen intensiv mit rund 360 Einreichungen auseinandersetzt. Gemeinsam diskutieren wir dann sehr detailliert und kritisch jede einzelne in Frage kommende Leistung und Person.
 
In der von Ihnen angesprochenen Kategorie „Bester Moderator“ stehen für uns in diesem Jahr Wolfgang Leikermoser, Kristian Thees und Max von Malotki als Nominierte am Ende dieses aufwendigen Prozesses. Während Max von Malotki hier zum ersten Mal nominiert ist, zeichnen sich Wolfgang Leikermoser und Kristian Thees durch jahrelange herausragende Leistungen in der deutschen Radiolandschaft aus, die wir ja bereits in den vergangenen Jahren mit mehreren Nominierungen, u.a. in den Kategorien Bester Moderator und Beste Morgensendung, gewürdigt haben.
 
Die von Ihnen aufgezählten Einwände, die Ihrer Ansicht nach gegen die beiden Moderatoren sprechen, sollte man im Sinne einer fairen Betrachtung etwas genauer ordnen. Zunächst einmal ist es aus unserer Sicht wichtig, zwischen manipulierten Gewinnspielen oder sonstigen eindeutigen Formen von Betrug am Hörer auf der einen Seite und zulässigem kreativem Gestaltungsspielraum der Radiomacher auf der anderen Seite zu unterscheiden. Während Ersteres klar und objektiv immer abzulehnen ist, unterliegt Letzteres je nach Sichtweise verschiedenen subjektiven Geschmacksurteilen, sollte aber in jedem Einzelfall genau betrachtet werden.
 
Als Radioprofi wissen Sie, dass ein großer Bestandteil des Programms vieler Sender vorproduziert ist, seien es Gespräche oder Beiträge. Das ist de facto gar nicht anders machbar und für die Qualität des jeweiligen Resultats auch nicht entscheidend. Sie können davon ausgehen, dass uns in der Juryarbeit sämtliche Misch- und Zwischenformen dieser Produktionsmethoden geläufig sind – dafür haben wir genügend langjährige, versierte Branchenprofis in unserer Mitte. Solange keine explizite Täuschung des Hörers vorliegt, die wir selbstverständlich ablehnen, beurteilen wir in erster Linie das hörbare Ergebnis. Die Erfahrung zeigt, dass atmosphärische Dichte bei Gesprächen kaum künstlich im Nachhinein herzustellen ist, wenn sie nicht tatsächlich auch im Moment der Gesprächsaufzeichnung schon entstanden ist.
 
Was Ihren Punkt der gescripteten Moderationen angeht, so ist dies aus unserer Jury-Erfahrung stets ein schmaler Grat für die Macher. Jedenfalls scheidet das Gros solcher Einreichungen schon allein deshalb aus unseren weiteren Überlegungen aus, weil es eben alles andere als authentisch klingt und von daher nicht preiswürdig ist. Wir würden allerdings niemals kategorisch ausschließen, dass das professionelle, souveräne Arbeiten mit Scripts durchaus sinnvoll sein kann.
 
Was Ihre Ablehnung manipulierter Gewinnspiele betrifft, sind wir uns völlig einig. Da, wo solche Fälle auftreten, steckt in der Regel ein strukturelles Problem des Senders und seiner Verantwortlichen dahinter. Die Schuld daran ist erfahrungsgemäß nicht unbedingt bei einem einzelnen Moderator zu suchen. Die von Ihnen durch Links auf Ihre frühere Berichterstattung angeführten Fälle Wolfgang Leikermoser betreffend bewegen sich, wie Sie ja selbst schreiben, weitgehend im Raum der Spekulation und betreffen zudem nicht den aktuellen Wettbewerbszeitraum des Deutschen Radiopreises.
 
Mit freundlichen Grüßen
Torsten Zarges

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