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PR im Radio kein Thema?

Was wir aus dem Fake-Interview des niedersächsischen Ministerpräsidenten McAllister lernen

Ein Interview frei Haus – geliefert und getextet von der PR-Abteilung. Für viele Radioredakteure ist das nichts Besonderes. Tagtäglich gehen solche Interviews oder PR-Beiträge in deutschen Radiosendern on air. Geliefert von PR-Agenturen – im Auftrag von Unternehmen. Egal: Es kümmert so gut wie niemanden!

Ganz anders im Fall von Politik und Zeitung.
Da reicht die Aufregung um ein gefaktes Interview sogar für einen SPIEGEL-Artikel. Die Pressestelle des niedersächsischen Ministerpräsidenten David McAllister hat ein großes Sommerinterview praktischerweise mal eben selbst geschrieben. Das sommerlich-positive Gespräch ging fertig getextet an rund 150 Lokalzeitungen. Einige haben es offenbar auch übernommen.

Auch der Deutsche Journalistenverband ärgert sich über diesen „plumpen Versuch“, die Zeitungen in den Wahlkampf mit einzubeziehen. Auf fair radio – Nachfrage beim DJV, ob denn solche Aufregung nicht auch mal über die PR-belasteten Radioprogramme angebracht wäre, hören wir Ernüchterndes.  DJV-Sprecher Hendrik Zörner findet zwar, dass die Grundregeln des Journalismus – nämlich nicht unkritisch irgendeinen PR-Kram zu übernehmen – eingehalten werden sollten:

„Leser, Zuschauer oder Hörer müssen sich darauf verlassen können, dass ein Journalist das Interview geführt hat.“

Offensive Hinweise auf den Seiten der PR-Agenturen, die mit ihrem Fake-Service werben, beeindrucken den DJV aber nicht. So preist die Agentur audioetage in ihrem Werbeclip Kontakte zu mehr als 1.600 Radio-Journalisten an. Sie verspricht, dass ihre Interviews mit Firmenvertretern (z.B. mit einem EVONIK-Sprecher: oder mit einem Vertreter der Blackberry-Handy) im Programmumfeld der Radiosender laufen. Auch die für ihre Radio-PR bekannte Agentur Schlenker lanciert nach wie vor PR-Beiträge in Radiosendern, z.B. bei Antenne Thüringen, Radio Brocken oder Radio Bamberg.

DJV-Sprecher Zörner reichen diese Hinweise nicht für eine Kritik. Im Gespräch mit fair radio sagte er deutlich:

„Wenn es beispielsweise um ein Lokalradio von 30.000 Hörern Reichweite geht, dann ist das für uns kein Thema als bundesweiter Verband.“

Lokalzeitungen wie im Fall McAllistrer zählen für den DJV offenbar mehr als Lokalradios.

Ganz ähnlich verhält es sich mit politischer PR und PR-Beiträgen oder -Interviews, wie sie von Wirtschaftsunternehmen verbreitet werden. Für den DJV gibt es da große Unterschiede in der Bewertung, sagte Sprecher Hendrik Zörner fair radio:

„Ich erwarte von der Wirtschaft nicht, dass sie sich dem fairen Journalismus verpflichtet fühlt. Von der Politik aber schon.“

Und was ist mit den Journalisten, die ungeprüft solche Schleichwerbebeiträge in ihre Programme hieven – und unkommentiert versenden?

Solche

„Journalisten sind zu verurteilen. Ich erwarte von ihnen, dass sie keine vorgefertigten Interviews übernehmen.“

Aber solange das in einem Lokalradio passiert, haben sie kein kritisches Urteil vom DJV zu befürchten…

 

PS: fair radio hat immer wieder über PR-Beiträge und Schleichwerbung im Radio berichtet. Und wir haben in unseren Ethik-FAQs auch beantwortet, wie Redakteure mit solchen Angeboten umgehen können.

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