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Webcam entlarvt Antenne Düsseldorf: Talkgast nicht im Studio

Ein Gastartikel von Sebastian Riehm.

Als großer Freund von Talk-Formaten im Radio konnte ich mich eines Sonntagnachmittags beim Sender-Zapping freuen: Auf Antenne Düsseldorf lief „Der Talk“ und Moderatorin Claudia Monréal redete sehr charmant mit ihrem Gast, der Schlagersängerin Stefanie Hertel.

Nachdem ich einige Zeit dem sympathischen Gespräch zugehört hatte, kam mir in den Sinn, über die Webcam von Antenne Düsseldorf einen Blick ins Studio zu werfen, um auch zu sehen, wie die beiden Frauen miteinander redeten.

Aber da – Stefanie Hertel war weit und breit nicht im Studio zu sehen, nur Claudia Monréal stand alleine an ihrem Mischpult, wie auf dem folgenden Screenshot zu sehen ist:

webcam-antenne-duesseldorf - keine stefanie hertel

Sollte der Talk am Ende gar nicht live sein, wovon ich jetzt schon eine gute halbe Stunde ausgegangen war? Kurze Twitter-Nachfrage bei Antenne Düsseldorf:

Am nächsten Morgen dann die Antwort:

 

 

 

 

Falls @antenne mit „nicht als live verkauft worden“ meint, dass Claudia Monréal nie gesagt hat, dass Stefanie Hertel „live“ im Studio sei, dann stimmt das zwar. Aber sonst haben sich die Macherinnen der Sendung und auch die Moderatorin allergrößte Mühe gegeben, die Sendung für mich astrein so klingen zu lassen, als wäre sie live.

Die ganze Sendung gibt es als Podcast zum Nachhören, die folgenden Hörbeispiele habe ich aus diesem Podcast ausgeschnitten:

  1. Am irreführendsten ist, dass die Moderatorin Live-Moderationen und aufgezeichnete Gesprächsstücke nahtlos ineinander übergehen lässt (zumindest mehr oder weniger, dazu bei Punkt 3 mehr). Zwar besteht beim Hören kein Zweifel, dass Claudia Monréal selbst mit Stefanie Hertel geredet hat (anders als vor kurzem noch beim Deutschlandfunk: Fair Radio » Blog Archiv » Nachvertontes DLF-Interview löst Spekulationen aus.). Dass sich die Stimmen nicht ändern zwischen live und aufgezeichnet oder zumindest die Takes eindeutig getrennt werden, ist aber gleichzeitig ein sehr großes Manko.
  2. Claudia Monréal bezieht sich insbesondere bei den An- und Abmoderationen auf den aktuellen Tag, der Sendungsjingle tut sein Übriges. „Heute“, „am Wochenende“, „Sonntag“ und natürlich „2. Advent“ lassen für mich keinen Zweifel, dass Sonntag, der 08.12.2013, ist und Stefanie Hertel genau jetzt im Studio ist. Teilweise gibt’s auf die Minute genau die Zeitansage („13 Uhr, 18 Minuten“). 
  3. Und dann sind da noch die handwerklichen Patzer: An mehreren Stellen gibt es mal mehr, mal weniger unsaubere Schnitte zu hören. Im folgenden Zusammenschnitt z. B. bei 0:03, 0:22 und 0:29. Bei 0:47 „übernimmt“ Stefanie Hertel ziemlich unnatürlich das Gespräch, ohne vorher eine Frage gestellt zu bekommen. 
sebastianriehm

Sebastian Riehm studiert Maschinenbau in Aachen, liebt aber das Radio. Er hört es gern, macht aber auch selbst Programm beim Hochschulradio. Er will nicht vom Radio enttäuscht werden, schätzt Ehrlichkeit und unterstützt fair radio. Er twittert unter @herrriehm.

Wie so oft bei aufgezeichneten Sendungen gilt auch hier: Es spricht absolut nichts dagegen, solch ein Format wie den „Antenne Düsseldorf Talk“ aufzuzeichnen. Allerdings sollte es dann auch selbstverständlich sein, nicht auf Biegen und Brechen bei den Hörerinnen den Eindruck erwecken zu wollen, die Sendung wäre doch live.

Wie ich oben schon schrieb, war ich beim Hören lange Zeit davon ausgegangen, dass der Talk live sei. Mein Blick auf die Webcam hat Antenne Düsseldorf schließlich auffliegen lassen – und mich gleich doppelt enttäuscht: Einerseits, weil ich Stefanie Hertel nicht sehen konnte. Und andererseits, weil Antenne Düsseldorf mir ganz bewusst etwas vorgespielt hat. Dass mehr als 90 Prozent der Gäste live in der Sendung sind, ist sicherlich sehr löblich. Ist aber auch kein Grund, bei den anderen 10 Prozent nur so zu tun.

Die eine Möglichkeit für Antenne Düsseldorf wäre jetzt, die Webcam während des Talks auszuschalten oder anders zu positionieren. Die andere, meiner Meinung nach viel bessere: Liebstes Team von Antenne Düsseldorf, besinnt Euch auf Eure journalistischen Tugenden wie Ehrlichkeit, Aufrichtigkeit, nehmt mich als Euren Hörer ernst. Dann können wir wieder Freunde werden.

Wie Claudia Monréal in Zukunft freundlicher mit aufgezeichneten O-Tönen umgehen könnte, steht z. B. in den Ethik-FAQ von Fair Radio: Wie lassen sich aufgezeichnete Interviews korrekt anmoderieren? Nur mit: “Dieses Gespräch haben wir vor der Sendung aufgezeichnet”?

Noch eine kurze Anmerkung zum Schluss: Ich hätte Antenne Düsseldorf gerne in diesem Artikel zu Wort kommen lassen. Aber außer der oben gezeigten Reply bei Twitter habe ich auch auf mehrfache Nachfrage weder über Twitter noch über E-Mail eine Antwort bzw. Stellungnahme bekommen.

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